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30.04.2024 13:00

Die genetischen Geheimnisse der Pflanzenanpassung entschlüsselt: Wie Ananas-Gewächse das Wassersparen gelernt haben

Alexandra Frey Öffentlichkeitsarbeit
Universität Wien

    Genduplikation macht Anpassung des Photosynthesemechanismus bei Luftpflanzen (Tillandsia) möglich

    Forscher*innen der Universität Wien ist gemeinsam mit Kolleg*innen aus Frankreich, Deutschland, der Schweiz und den USA ein wichtiger Durchbruch beim Verständnis der genetischen Faktoren gelungen, die die Evolution eines bestimmten Photosynthesemechanismus bei Ananasgewächsen beeinflussen, um die Wassernutzung effizienter zu gestalten. Dies wirft ein Licht auf die komplexen Vorgänge, die zur Anpassung der Pflanzen und zur ökologischen Vielfalt führen. Die Ergebnisse ihrer Studie wurden jetzt in Plant Cell veröffentlicht.

    Einige Pflanzenarten haben eine wassersparende Eigenschaft entwickelt, die als "Crassulacean Acid Metabolism" (CAM) bezeichnet wird. CAM-Pflanzen, wie die meisten Tillandsia-Arten – die artenreichste Gattung der Ananasgewächse (Bromeliaceae) – optimieren ihre Wassernutzungseffizienz: Während andere Pflanzen normalerweise tagsüber ihre Spaltöffnungen (winzige Poren in den Blättern) öffnen, um Kohlendioxid für die Photosynthese aufzunehmen, tun dies CAM-Pflanzen nachts und speichern das CO₂ für eine spätere Verwendung, wodurch sie mit weniger Wasser auskommen. Diese Eigenschaft hat sich im Pflanzenreich mehrfach unabhängig voneinander entwickelt. Die Evolution der komplexen genetischen Grundlage der CAM ist jedoch schwer zu fassen und daher ein Forschungsschwerpunkt der Evolutionsbiologie.

    Genregulation ist der Schlüssel

    In dieser Studie konzentrierte sich das Forschungsteam auf zwei Tillandsia-Arten mit unterschiedlichen Photosyntheseformen – CAM vs. C3 – was bedeutet, dass der C3-Art die spezielle Anpassung an wasserarme Bedingungen fehlt. Durch den Einsatz modernster Techniken zur Untersuchung der Genetik und Biochemie von Pflanzen – wie z.B. Analyse der Genanordnung, der molekularen Evolution und der Evolution von Genfamilien, der zeitlichen Variation der Genexpression und der Metaboliten – fanden die Forscher*innen heraus, dass Veränderungen in der Genregulation hauptsächlich für die genomischen Mechanismen verantwortlich sind, die die CAM-Evolution bei Tillandsia vorantreiben.

    Clara Groot Crego vom Department für Botanik und Biodiversitätsforschung der Universität Wien und Erstautorin der Studie erklärt: "Unsere Ergebnisse zeigen, dass die Genome von Tillandsia, wie auch die anderer Pflanzen, zwar stark verändert wurden, die Anpassung der Funktionsweise der Photosynthese aber vorwiegend durch die Regulation von Genen und nicht durch die Veränderung von Gensequenzen, die für Proteine kodieren, erfolgt." Zu den wichtigsten Ergebnissen der vom Österreichischen Wissenschaftsfonds (FWF) und der Universität Wien finanzierten Studie gehört die Identifizierung von CAM-verwandten Genfamilien, die in CAM-Arten eine beschleunigte Expansion erfahren. Dies unterstreicht die entscheidende Rolle der Evolution von Genfamilien bei der Entstehung neuer Variationen, die die CAM-Evolution vorantreiben.

    Durch wiederholte Evolution in neue Nischen

    "CAM hat sich wiederholt in verschiedenen Tillandsia-Arten entwickelt und ihre Fähigkeit beschleunigt, neue ökologische Nischen zu besetzen. Dies ist ein entscheidender Faktor für die ungezügelte Artenvielfalt innerhalb dieser Gruppe", sagt Ovidiu Paun vom Department für Botanik und Biodiversitätsforschung der Universität Wien und wissenschaftlicher Leiter der Studie. "Unsere Forschung unterstreicht die potenzielle Bedeutung genetischer Innovationen, die über einfache Basenpaarveränderungen hinausgehen und die ökologische Diversifizierung vorantreiben", so Paun weiter.

    Thibault Leroy, wissenschaftlicher Leiter des Projekts am INRAE in Toulouse, Frankreich, betont, dass die Bedeutung der Studie über die Grundlagenforschung hinausgeht. "Wenn wir verstehen, wie sich CAM entwickelt hat, können wir Strategien entwickeln, um Nutzpflanzen widerstandsfähiger gegen Wasserknappheit und den Klimawandel zu machen."

    In einem neuen Kooperationsprojekt, das gemeinsam vom Österreichischen Wissenschaftsfonds FWF und der französischen Agence Nationale de la Recherche (ANR) finanziert wird, sollen die Untersuchungen auf weitere Arten dieser und anderer Pflanzengruppen ausgeweitet werden.


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Assoc. Prof. Ovidiu Paun
    Department für Botanik und Biodiversitätsforschung
    Universität Wien
    1030 Wien, Rennweg 14
    T +43-1-4277-54057
    ovidiu.paun@univie.ac.at
    www.univie.ac.at

    Clara Groot Crego, MSc BSc
    Department für Botanik und Biodiversitätsforschung
    Universität Wien
    1030 Wien, Rennweg 14
    T +43-1-4277-54040
    clara.groot.crego@univie.ac.at
    www.univie.ac.at


    Originalpublikation:

    CAM evolution is associated with gene family expansion in an explosive bromeliad radiation. Clara Groot Crego, Jaqueline Hess, Gil Yardeni, Marylaure de La Harpe, Clara Priemer, Francesca Beclin, Sarah Saadain, Luiz A. Cauz-Santos, Eva M. Temsch, Hanna Weiss-Schneeweiss, Michael H.J. Barfuss, Walter Till, Wolfram Weckwerth, Karolina Heyduk, Christian Lexer, Ovidiu Paun, Thibault Leroy. Plant Cell.
    DOI: 10.1093/plcell/koae130
    https://doi.org/10.1093/plcell/koae130


    Bilder

    Tillandsia fasciculata ist eine der in dieser Arbeit untersuchten Arten. Sie betreibt eine alternative Form der Photosynthese, die CAM genannt wird und die es ihr ermöglicht, als Epiphyt unter wasserarmen Bedingungen zu überleben.
    Tillandsia fasciculata ist eine der in dieser Arbeit untersuchten Arten. Sie betreibt eine alternati ...

    Ovidiu Paun


    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Wissenschaftler
    Biologie, Umwelt / Ökologie
    überregional
    Forschungs- / Wissenstransfer, Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

    Tillandsia fasciculata ist eine der in dieser Arbeit untersuchten Arten. Sie betreibt eine alternative Form der Photosynthese, die CAM genannt wird und die es ihr ermöglicht, als Epiphyt unter wasserarmen Bedingungen zu überleben.


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